Eine deutsch-französische Freundschaft – die Verbindung des Angenehmen mit dem Nützlichen
Duisburg. Seine Kindheit verbringt der Sohn eines Bergmannes in Oberhausen. Er lebt mit seinem Bruder und seinen Eltern in einer typischen Bergarbeiter-Siedlung. Fahrräder und ab dem fünfzehnten Lebensjahr auch motorisierte Zweiräder spielen in seinem Leben schon immer eine große Rolle.
Mir begegnet Ralf Petersen zum ersten Mal bei einem seiner Motorrad-Schrauber-Kurse in der VHS Waltrop. Ralf ist der Typ Mensch, mit dem man in die Pampa fahren kann. Bei einer Panne weiß er immer zu helfen.
Eine Mischung aus Handwerk und Intellekt
Ralf ist weit mehr als ein erfahrener Zweiradfahrer und Schrauber: Nach Abitur und Zivildienst im Jugendzentrum Duisburg-Rheinhausen, studiert er Französisch und Geschichte auf Lehramt. Während des Studiums arbeitet er als Dolmetscher und Reiseleiter. Für anderthalb Jahre lebt und arbeitet er in seiner Studentenzeit als Fremdsprachenassistent in Frankreich.
Nach seiner Rückkehr unterrichtet der junge Duisburger an verschiedenen Volkshochschulen Französisch. Für die Teilnehmer seiner Kurse organisiert er Ausflüge und Wochenendfahrten nach Frankreich. Statt des nach Abschluss des Lehramts-Studiums üblichen Referendariats, lässt er sich als Fachbereichsleiter an der VHS Duisburg für die pädagogische Betreuung aller dort angebotenen Studienfahrten einstellen. Die Perspektive, bis zur Rente im öffentlichen Dienst zu bleiben, wirkt auf Ralf schnell sehr einengend. Nach etwa zwei Jahren kündigt er.
Die nächste Anstellung führt ihn in die freie Wirtschaft zu einer französischen Firma in Düsseldorf. Sein Aufgabenbereich liegt im Marketing und Vertrieb von Ferienhäusern in Frankreich. Außerdem übernimmt er dort das Projektmanagement im EDV-Bereich. Ralf lernt viel in dieser Zeit, merkt jedoch, dass er kaum mehr rauskommt und immer erreichbar sein muss. Nach etwa anderthalb Jahren kündigt er und entscheidet sich für die Selbstständigkeit.
Ein Motorradunfall mit Trümmerbruch kommt ihm in die Quere
Sein Plan verzögert sich durch den langwierigen Klinikaufenthalt. Anfang 1994 setzt Ralf das, was ihm schon immer Spaß macht, endlich in die Tat um. Er gründet die Reiseorganisation Ralf Petersen mit dem Schwerpunkt Frankreich. Sein Angebot ist breit gefächert: Vermittlung von Ferienhäusern und Hotels, geführte Motorradreisen, Bus- und Studienreisen für verschiedene Volkshochschulen und andere Anbieter, Sprachunterricht und Kurse in Motorradtechnik. Später nimmt er Sightseeing-Touren durch Paris mit dem Fahrrad ins Programm auf.
Ende der 90er Jahre erkrankt seine Mutter an Alzheimer
Da sein Vater nicht mehr lebt und seine Eltern ihn immer unterstützt haben, ist für Ralf völlig klar, dass er sich um seine Mutter kümmern will. Er reduziert seine Selbstständigkeit und betreut sie drei Jahre lang, bis sie so viel Pflege benötigt, dass eine Unterbringung im Altersheim unumgänglich wird.
Kurz nach ihrem Tod kommt Ralfs Sohn Alexander auf die Welt. Er schränkt seine Reiseorganisation erneut ein und reduziert die Angebotspalette auf Sprachkurse in der Region, um viel Zeit mit seinem Kind zu verbringen. Deutsch für Menschen mit Migrationshintergrund entwickelt sich zeitweilig zum Schwerpunkt seiner Arbeit.
Aktuell unterrichtet er überwiegend Fortgeschrittene, gibt Einzelunterricht für Manager und Sprachkurse für die Frauen-Fußballmannschaft des MSV Duisburg.
Der 54jährige lebt mit seinem elfjährigen Sohn und seiner Lebensgefährtin in einem alten Duisburger Stadtteil: „Ich genieße es, mit dem Fahrrad durch den Wald in die Stadt zum Unterricht zu fahren.“ ergänzt er.
Vermittler zwischen Frankreich und Deutschland
Neben der Reiseorganisation hält Ralf bundesweit zahlreiche Vorträge. Zu über fünfzig Einzelveranstaltungen pro Jahr mit dreißig verschiedenen Themen referiert der vielseitige Historiker, Romanist und Dozent: Dabei geht es um Bild-Vorträge französischer Regionen, über Landeskunde und Geschichte bis hin zur französischen Krimiliteratur. „Ich verbinde gerne das Angenehme mit dem Nützlichen und nehme Alex oft mit, wenn es sich mit seinem Stundenplan vereinbaren lässt.“ fügt er hinzu.
In Frankreich begeistert der Duisburger die Menschen mit seinen Vorträgen nicht nur für Berlin und das Rheintal mit Düsseldorf und Köln, sondern ganz besonders für das Ruhrgebiet mit seiner einzigartigen Industriekultur und den hervorstechenden Landmarken wie „Tiger and Turtle Magic Mountain“ in Duisburg.
„Wir werden alle flexibler werden müssen – das ist unsere Zukunft.“
erzählt Ralf und lebt diese Haltung: Gemeinsam mit zwei motorradbegeisterten Programmierern brachte er im Mai die App „Basiswissen Motorrad-Technik“ auf den Markt. Im Frühjahr 2015 erscheint sein erstes Buch mit der geballten Erfahrung aus über zwanzig Jahren Motorrad-Technik.
Für die Sprachkursteilnehmer bietet er einen Online-Kurs mit Betreuung an: Ein Mix aus Unterricht und Online-Aufgaben, die jeder nach Lust, Laune und Zeit erledigen kann.
Nächstes Jahr werden zwei Reiseführer über Frankreich und Paris veröffentlicht: 20 Jahre komprimierte Reiseorganisation in Buchform.
In Vorbereitung befinden sich zwei weitere Bücher über Roller und Youngtimer.
Sein Traum: „Weiter machen wie bisher. Alles andere ergibt sich von selbst und kommt von außen.“
Ralfs Fazit: „Ich habe immer versucht, das zu tun, was mir Spaß macht. Nur dann bin ich richtig gut.“
Weitere Infos zu Ralf Petersen und seinen Kursen unter
Text: Annette Mertens
Fotos: Ralf Petersen
Das ist ein richtig toller Bericht über einen spannenden Mann. Vielen Dank für die Inspiration!
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danke, freut mich sehr :-)
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hab hier echt viel Neues gelernt, wünsche eine gute Woche ohne Stress und Sorgen, Klaus
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danke sehr
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Wieder bist du deinen vorgestellten Persönlichkeiten treu geblieben und hast einen interessanten Menschen gefunden, der ebenfalls Motorrad mit Begeisterung fährt. Ich fürchte nur, dass uns Flexibilität nichts nützt, da der Mensch im Berufsleben immer an seinem Alter festgemacht wird und nicht an seinen Fähigkeiten, außer er ist selbstständig. Danke liebe Annette und ein tolles Krad-Wochenende :-)
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danke, lieber Arno. Fragt sich, wie lange wir uns das so leisten wollen. Die Älteren werden immer älter, bleiben immmer fitter. Wenn ihr Kopf ebenso wach und flexibel bleibt, ist vieles möglich.
Gleich geht es bei diesem wunderbaren Wetter wieder auf’s Bike. Ich freue mich schon :-) Liebe Grüße und für dich ebenfalls ein tolles Frühlings-Wochenende, Annette
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Dann wäre Lehramt auch nix für ihn gewesen. :-)
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yep, zumindest nicht in einer ganz normalen Schule. Ralf ist ein toller Lehrer und kann sehr gut komplexe Zusammenhänge leicht erklären
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Wir bräuchten mehrere Leben, um all das zu erreichen… Chapeau ☀️
Herzliche Grüße. Priska
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danke, liebe Priska. Ich bin mir sicher, wenn wir uns dein Leben anschauen, ist es ähnlich vielfältig :-)
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Pingback: „Ich habe immer versucht, das zu tun, was mir Spaß macht. Nur dann bin ich richtig gut“ | Ruhrköpfe
danke Ernst :-) LG Annette
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Ein schönes und spannendes Portrait über das Leben dieses Kollegen. Fazit; Neugier und Aufbruch machen das Leben lebenswert…
:-) Grüsse Ernst
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Danke für dieses Porträt eines interessanten und sympathischen Menschen. Ich mag Deine Berichte über „normale“ Menschen, die in Endeffekt wesentlich interessanter sind als viele sogenannte Promis. Immer wieder stelle ich fest, dass wir Menschen so vieles gemeinsam haben, besonders was unsere Träume und Grundsätze angeht. Auf ein weiteres halbes Jahr „Ruhrköpfe“!
Liebe Grüsse,
Claudine
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danke Claudine und liebe Grüße aus Dortmund ins schöne Luxemburg, wo mir auch schon einige sehr sympathische und interessante Menschen begegnet sind :-)
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danke minibares :-) LG Annette
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Ein wundervoller Bericht, danke dafür,
Im Ruhrgebiet gibt es eben immer wieder tolle Menschen zu treffen.
Leider kennen wir nicht alle..
Aber Ralf ließ sich nie unterkriegen, machte immer das Beste draus.
Kann sogar seine Familie integrieren – ab und zu . Klasse.
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danke für Deine Gedanken autopict :-) Ich erlebe viele Menschen, die sich gerade in der Lebensmitte aus unterschiedlichen Gründen erfolgreich umorientieren – Schritt für Schritt. LG Annette
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Eine spannende Geschichte. Immer wissen was man will, das auch umsetzen, sich nicht bremsen lassen, durch nichts und am Ende erfolgreich sein, super.
Das ist vermutlich der Unterschied, man kann sich am Gemachten freuen, und nicht über das nicht Getane jammern.
Sicherlich schwierig, wenn man mitten im Leben die Reißleine zieht und dies nicht eine Art Lebensphilosophie von Anfang an ist.
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Ein prima Porträt!
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danke Markus :-)
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