Schachthauerkind – eine Geschichte aus dem Revier

„Einer Versuchung habe ich erfolgreich widerstanden, nämlich der Verwendung von Brachialhumor und Ruhrpottslang. Also kein Willze, Kannze, Musse, kein Hömma, Sachta, Tuma, Kumma, kein woanders is auch scheiße. Dennoch geht es kurzweilig und amüsant zu, das kann ich versprechen“.

„Der Bergmann ist seit je her quasi der Prototyp des proletarischen Arbeiters, der durch Verausgabung seiner Muskelkraft und seiner gesamten Physis der unberechenbaren Natur, dem dunklen Erdreich sichtbar materielle Schätze abringt – das schwarze Gold nämlich. Ähnlich mythische Bedeutung hat vielleicht nur noch
der Stahlwerker, der im Angesicht glühenden Feuers Tag und Nacht rabottet. Geschicklichkeit, Kraft und Zähigkeit schlagen im Verbund mit Arbeitersolidarität den Elementen ein Schnippchen! In der Zeit vereinsamter Clickworker, digitalen Nomadentums und durch die Straßen hastender Paketboten ist die Sehnsucht
nach ortsgebundener, erschaffender, physisch erkennbarer (eben „ehrlicher“) Arbeit mehr als verständlich – das Verschwinden des Bergmanns mitsamt seinem Habitat, der Zechenkolonie, muss allein aus diesem Grund schon abgrundtief traurig stimmen“.

Auszüge aus dem Vorwort „Schachthauerkind“ von Christine Lindemann

Erinnert ihr euch noch an den Beitrag über Christine, die Sternenguckerin?

Ihr Portrait findet ihr unter https://ruhrkoepfe.wordpress.com/2014/04/18/sternenguckerin/

Achtung Werbung:

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Buchcover Schachthauerkind von Christine Lindemann

Ihr Portrait ist schon eine ganze Weile her und Christine Lindemann hat inzwischen ein kleines Buch veröffentlicht, das ich euch gerne vorstellen möchte. Gewöhnlich mache ich hier keine Werbung, dies ist eine der ganz wenigen Ausnahmen, weil ihre kleine Revier-Retrospektive sehr gut zu den Ruhrköpfen passt und für Menschen von hier und anderswo gleichermaßen einen unterhaltsamen und interessanten Einblick gibt.

Schachthauerkind Eine Revier-Retrospektive

Als am 20. Dezember 2018 die letzte Zeche im Ruhrgebiet stillgelegt wird, ist das nicht nur das Ende einer über 200-jährigen Industrie. Zu Ende geht auch ein Lebensgefühl. Was bleibt, ist Erinnerung. Erinnerung
an den Alltag in einer der Zechensiedlungen mit ihrer Mischung aus dörflich-ländlichem Idyll in unmittelbarer Nähe zu den Standorten der urbanen Schwerindustrie. Christine Lindemann hat in ihrem Buch „Bausteine“ dieses Lebensgefühls unaufdringlich-eindringlich zu einer Erinnerung an ihre Kindheit
verarbeitet und ein genaues Abbild authentischen Lebens der Sechziger- und Siebzigerjahre geschaffen: unprätentiös, stimmig und wohltuend normal.
Printausgabe: www.lehmanns.de/isbn/9783965430341
eBook: www.lehmanns.de/isbn/9783965430426


„Kein Willze, Kannze, Musse“

41 Gedanken zu “„Kein Willze, Kannze, Musse“

  1. Sehr schade um die Zunft der Bergleute – und leider immer unter dem Deckmantel des Umweltschutz!
    Sicherlich ist die Luft sauberer geworden, aber die Tradition stirbt. Drei Schwager von mir waren auf Zeche, allesamt in Rente geschickt. Und der Tagebau verschandelt weiter die Landschaft! Sie hätten besser bei der Steinkohle bleiben sollen! Eines Tages werden auch die Stahlkocher aus dem Ruhrgebiet verschwunden sein 😤😤😤

    G. l. G. Jochen

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  2. Liebe Annette, ich kannte diese interessante Frau noch nicht. Der Skeptiker in mir ist auch noch nicht ganz überzeugt, aber was weiß ich.🙄
    Als Grenzruhrpotterin mag ich alles, was diesen Teil weiterleben lässt. Es sind halt besondere Menschen, kannze nix gegen sagen….
    Das Buch ist auch was für mich.
    Danke fürs Vorstellen. Liebe Grüße, Barbara

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  3. … reeesche wermer kriiiesche… haben wir… es war niemals ein gesundes Jobprofil… aber niemand gibt dir eine neue Chance… Bergmänner sind anscheinend raus… aber warum… sie könnten durch ihr Wissen und ihr Gefühl für den Grund aller Dinge… Hilfswerke unterstützen und bereichern…

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  4. Liebe Annette, muss ich ham … ich habe mir dieses Buch gerne vorgemerkt und bin sehr gespannt welche Erinnerungen es bei mir hochspülen wird. Du weisst ja, dass ich als Kind viel zeit im Pott verbracht habe, dort lebte meine Lieblingstante mit ihrer Familie, auch meine Mutter wurde dort geboren. Heute rede ich kaum noch „pottisch“, es sei denn ich bin mal wieder dort, was aber nun schon sehr lange her ist.
    Herzlichen Dank für diese Präsentation und liebe Grüsse an dich,
    Ulli

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    • Liebe Ulli, super und ich bin gespannt auf deine Rückmeldung. Das „Pottische“ spricht hier auch kaum noch jemand, es wird bloß für den Verkauf der Industriekultur-Souvenirs und anderer Produkte aus der Region künstlich gepusht ;-) Ruhrige Grüße und danke für deinen Besuch mit Kommentar, Annette

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  5. Ich bin ein Kind von überall her. Kein Dialekt (außer Sächsisch) den ich mir nicht draufgeschafft hätte, um mein Zielpublikum zu unterhalten (meine Familie). Ob Gustl Bayerhammer, Tegtmeyer oder Junke. Und so schlummert natürlich ebenfalls ein Kind des Ruhrpotts in meiner Seele und sacht, „Willze lesen? Musse kaufen!“ ;-)

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          • Nööö, nur so aus reiner Neugier, Ich weiss ja, dass es fuer uns heisst „Heja, heja, heja BVB“ und „You’ll Never Walk Alone!“
            Apropos BVB: ich habe mal wieder ganz ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, nach South Bend/Indiana zu fliegen, wo sie am 19. gegen Liverpool spielen. Aber dann waren mir doch ca. $1200 Dollar [Flug, Unterkunft und Ticket] zu teuer.
            Und noch etwas: der BVB baut ein Riesen Leistunsgzentrum mit Fanshop in der Naehe von Dallas! Da muss ich hin, wenn es fertig ist. Der BVB ko-operiert fuer Talentsuche und -foerderung mit 6 Clubs hier in den USA, davon DREI in Texas.

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              • Aber sicher!
                Uebrigens: ganz im Gegensatz zu dem, was ich vorher geschrieben habe, werde ich mnir das Spiel BVB-Liverpool doch live ansehen. Ich weiss, es ist eigentlich Irrsinn, aber ich verbinde das mit einem Aufenthalt von mehreren Tagen in South Bend, dann ist es den Preis wohl wert. Dazu kommt, dass ich relativ preiswerte Fluege gefunden habe, und eine sehr preiswerte Unterkunft. Kaum zu glauben: mein erstes Spiel der Borussia live sehe ich in den USA! Hoffentlich habe ich den richtigen Platz ausgewaehlt. Es ist die dritte Reihe, und nach dem Sitzplan zu urteilen, direkt zwischen den beiden Teams. Also dann, „Heja, heja, heja BVB!“ Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wo die Mannschaft untergebracht ist und ob man da eventuell an einzelne Spieler rankommt. Halte mir mal die Daumen.

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                • •omg• wie cool ist das denn! 👍😎😁🤠
                  Da findet sich bestimmt eine Gelegenheit für Autogramme und die Jungs sind sicher auch schon mindestens einen Tag früher dort. Ich drücke auf jeden Fall ganz fest die Daumen und bin schon gespannt! was du darüber schreiben wirst 👍👍😀 Und Kloppo ist auch dabei 🤣👍

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  6. Klingt auch für mich als Nicht-Ruhrpott-Kind sehr lesenswert, und dein Portrait dieser interessanten Frau mochte ich damals schon. Danke für den Tipp!
    (Technische Anmerkung: Irgendwas läuft mit dem Buchcover falsch, ich sehe es weder auf dem Handy noch auf dem PC.)
    Liebe Grüße aus dem leicht tröpfelnden Hamburg
    Christiane

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