Tagesgedanken: Wenn der Spass aufhört

„Wer die Schlechten schont, verletzt die Guten.“ (Publius Syrus)

Gefunden bei den TAGESGEDANKEN von Sandra von Siebenthal:

„Misogynie findet oft im Kleinen statt, in so genannt witzigen Bemerkungen, die bei näherem Betrachten aber eigentlich abwertend sind. Wir Frauen werden oft dazu erzogen, still zu sein, diese Dinge hinzunehmen, nicht zu laut aufzubegehren. Und: Werden wir beleidigt und klagen das lautstark an, werden wir belächelt und gar verspottet, wir hören Aussagen wie „Nun hab’ dich doch nicht so!“, oder „Das war doch nur witzig gemeint“ und dergleichen mehr.“

Denkzeiten

Da sitzt man in geselliger Runde, ist in ein Gespräch vertieft, und plötzlich kommt ein Gefühl auf: Irgendwie passt das so nicht. Das, was der andere gesagt hat, beleidigt, verletzt mich. Nur: Was nun? Wie reagieren? Soll ich es ihm sagen? Soll ich einfach schweigen, das Gesagte ignorieren und die aufkeimenden Gefühle runterschlucken?

Grundsätzlich müsste man es wohl ansprechen, doch wenn man das tut, hört man oft „das war doch nur ein Witz“ (hahaha), „sei doch nicht so empfindlich“ (Augenrollen) und fühlt sich dadurch nur noch schlechter. Wenn man es dann immer noch nicht witzig findet, ist man humorlos oder eine Mimose.

Nun mag es sein, dass viele Witze und Bemerkungen nicht verletzend gemeint sind, nur: Wenn man merkt, dass es doch verletzt, finde ich es angebracht, damit aufzuhören. Wie sagte schon Schiller:

„Wohl lässt der Pfeil sich aus dem Herzen ziehn,
Doch nie wird das verletzte mehr gesunden.“

Witze…

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23 Gedanken zu “Tagesgedanken: Wenn der Spass aufhört

  1. Ich bin mal von einer Kabarettistin auf die Bühne geholt worden. Dort drehte sie mich u.a. einmal um meine Achse .
    Ja, so wird das mit Frauen gemacht.
    Ich war zu verblüfft, um die Lektion sofort zu verstehen. Denn die Kabarettistin vermied eine zu plumpe Lektion. Hoffentlich haben es die Zuschauer trotzdem kapiert gehabt.

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  2. Früher, ja, früher war ich sehr empfindlich. Mußte mir mit der Zeit eine Rüstung (Ironie, Spottlust, oft falsche Witzigkeit, einge gewisse Schlagfertigkeit, Sarkasmus…) zulegen. Die sich gern auch verselbständigt und ebenfalls verletzen kann, so eine Rüstung ist hart und läßt nicht mehr alles durch!
    Deshalb kann ich meist die Spitzen, die gegen mich gerichtet sind, abwehren, knacken, verknuspern oder zumindest, ganz zirkusreif, schlucken. Aber was mache ich mit denen, die gar nicht mich als Person meinen (Stock und Stein mögen verletzen mein Gebein, doch nicht Worte allein?), sondern uns, die Menschen oder bestimmte Gruppen (mein Sohn hat sich angewöhnt, von seinen Eltern spöttsich als den Boomern zu reden. Da hab ich mich nie dazugezählt, da’s bei uns nie richtig geboomt hat – aber alte weiße Menschen sind wir ja auch, ohne gleich alle Vorteile milliardenscheinefach zu haben)?
    Da mag ich mich dann doch gern wehren, aber seltsam da bleibt mir dann doch manchmal die Spucke weg, wenn ich die selbstverständliche Unverschämtheit des einen oder anderen Mitwutbürgers erlebe. Zu schade, denn hinterher fällt mir dann doch das Richtige ein („Sei froh, dass du das nicht gesagt hast, sonst hättest du noch eine auf dein freches Mundwerk bekommen!“).

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  3. Ich habe lange den Gedanken vertreten, man solle jedem Menschen genau so begegnen, wie man selbst gerne behandelt werden würde: Mit Respekt jedenfalls – das setze ich voraus!
    Aber des weiteren weiche ich von diesem Gedanken mehr und mehr ab. Denn ich selbst habe andere rote Linien als mein DU. Vielleicht bin ich in manchem wehrsamer, in anderem wieder feinsinniger.
    Ich bin überzeugt, dass ich mein DU so annehmen möchte, wie es sich wünscht, gesehen und geachtet zu werden. Wo sind seine Grenzen, die ich achte? – und über die ich keine Witze mache!

    Ich bin immer wieder auch sehr erstaunt, wie wenig Frauensolidarität unter Frauen herrscht. Teilweise sind die Schläge unter die Gürtellinie, die von Frauen an Frauen weitergegeben werden, die schlimmsten. Frauen wissen ganz genau, wo und wie sie treffen können. Misogynie, von Frauen an Frauen praktiziert, gehört zum Schlimmsten, was ich beobachte. Ebenso die fehlende Zivilcourage, solches aufzuzeigen!

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  4. Wieder ein sehr lesenswerter Blogbeitrag, herzlichen Dank❣️
    Dumme und verletzende Sprüche auf Kosten anderer gibt es wie Sand am Meer der Gedankenlosigkeit am Horizont merkbefreiten Denkens. Männer sind wie Wein – sie reifen. Und Frauen? Die nicht? Ja. Wir alle werden älter, doch Frauen finden sich älter unattraktiver als Männer. Sie werden unattraktiver gemacht. Auf Werbeplakaten mit älteren Frauen findet sich eine widerliche Nachsicht. Sie sind doch (auch) schön. Das Trotzdem springt mich aus der Problemzonengymnastik ab fünfzig an.
    Was zu tun wäre? Jeden dummen Spruch schlagfertig kontern. Oh, ein Flachwitz aus Vulgarien. Der kommt aber gebückt…
    Eine Möglichkeit, auf flachen Humor auf Kosten anderer zu reagieren: ihn als das entlarven was er ist: billig…

    Herzliche Grüße
    Amélie

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    • Liebe Amélie, was für ein wunderbares Statement dazu, danke dir 😘. Speziell deine Formulierung „Flachwitz aus Vulgarien“ geht jetzt direkt ins Rückenmark, hihi. Und ja, du hast völlig Recht, wie abwertend ältere Frauen sich selbst oft sehen, wie schlecht sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden und wie oft auch Frauen sich in ihrem eigenen „Sich-Klein-Fühlen“ andere Frauen abwerten. Vielen lieben Dank und herzliche Grüße, Annette

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  5. Ja, was soll ich hier schreiben? Seitdem ich in der Vergangenheit regelmässig mit üblen Witzen konfrontiert wurde, und man mich für einen Spaßverderber hielt weil ich nicht lachte sind mir sog. „Saufgelage“ zuwider. Immer wenn sich so was abzeichnet bin ich frühzeitig weg; wenn ich schon gezwungen war hinzugehen. LG Michael

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  6. Das kann ich hier in meinem häuslichen Umfeld vom ersten bis zum letzten Buchstaben gut verstehen – und bin dennoch meist ruhig, wenn alle anderen in der Gesellschaft eben der Meinung sind, dass Ausländer eben doch nur Menschen zweiter oder sogar dritter Klasse sind.
    Hier zählt bei den meisten nur das eigene Wohlbefinden und über Umweltschutz wird nur herablassend gelächelt. Die meisten haben keine Kinder und verstehen überhaupt nicht, warum sie in ihrem Alter auf Klima und Umwelt Rücksicht nehmen sollten.
    Schon oft wollte ich lieber wieder in meinem alten Haus wohnen.
    Und tschüss sagt Clara

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  7. Das mit dem Verletzen geht ja in alle Richtungen. Frauen können auch sehr verletzend gegenüber Männern sein, z. B. wenn sie Anspielungen auf ihre fehlende Potenz machen. Das finden Männer gaaaaar nicht witzig. Manchmal kommen Bemerkungen, die nur ein Mann witzig finden kann. Ich habe da ein Beispiel von einem Freund aus England. Dort hatte man den Raps subventioniert, woraufhin natürlich alle Bauern Raps anbauten. Raps heisst auf English „rape“, genau wie das Wort für Vergewaltigung. Und er fand es witzig zu sagen „rape has increased in England by 90%“ (hahaha). Da darf man auch gerne mal sagen, dass das für eine Frau so gar nicht witzig ist. (Und auch nicht für Männer, die mal vergewaltigt worden sind.)
    Manche „Witze“ sind jedoch so banal, dass ich mir da keine Mühe machen würde und das einfach überhöre. Man kann später im Gespräch ja mal testen, ob die Männer umgekehrt über so einen banalen Witz auf ihre Kosten von einer Frau dann auch lachen können. Wollen wir wetten? ;-) :-D

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