Weshalb ist es so wichtig, darüber zu sprechen und weshalb sprechen wir trotzdem so selten darüber?

Schon etwa im Alter von 14 Jahren wünscht sich der gebürtige Dortmunder Stefan Waldburg einen Beruf, bei dem er anderen Menschen helfen kann und entscheidet sich früh für die Ausbildung zum Krankenpfleger. Er ist so motiviert, dass er unmittelbar nach seinem Hauptschulabschluss den Realschulabschluss absolviert, um anschließend mit inzwischen 18 Jahren die Krankenpflegeschule in Dortmund-Hörde zu besuchen. Die damalige Wehrersatzdienstzeit von fünfzehn Monaten leistet Stefan nach dem erfolgreichen Ende seiner Ausbildung als Zivildienstleistender in der Krankenpflege. Als ausgebildete Fachkraft bezieht er dafür lediglich die üblichen Wehrersatzdienstbezüge, die in keinem Verhältnis zum Gehalt eines ausgebildeten Krankenpflegers stehen.

Selbstportrait, Foto: Stefan Waldburg

Idealismus treibt ihn an

Stefan möchte mehr, wechselt in die Intensivpflege und bildet sich parallel zum Fachkrankenpfleger Anästhesie fort. Er arbeitet im Laufe der Zeit in verschiedenen Dortmunder Kliniken im Wechselschicht-Rhythmus: Zwölf Tage arbeiten, zwei Tage frei. Sieben Jahre lebt er dieses Leben, in dem wenig Raum für Freunde und Bekannte außerhalb des Pflegebereichs bleibt.

Ein Schlüsselerlebnis führt ihn in eine andere Richtung

Als er einem sterbenden jungen Mann in der Klinik zur Seite steht und während dessen von einem Vorgesetzten mit dem Kommentar dort wegbeordert wird „Er solle sich um die Lebenden kümmern“, bekommt er den entscheidenden Impuls und beginnt ein Studium:

Damals ist es mit einer abgeschlossenen Ausbildung ohne Abitur möglich, an der Anna-Zillken-Schule in Dortmund in schulischer Form Sozialarbeit zu studieren. Stefan trifft dort auf eine altersmäßig bunt gemischte Truppe und erlebt ein ganz neues Freiheitsgefühl.

2022.06.19
Foto: Stefan Waldburg

Für sich selbst verantwortlich, den Tag selbst strukturierend

Mit elternunabhängigem BAföG und der Arbeit bei einem Pflegedienst, für den er zusätzlich erst noch den Führerschein macht, finanziert er sein Leben. Im Pflegedienst erlebt er sowohl bei denen, die gepflegt werden, als auch bei den pflegenden Menschen viel Elend. „Viele hadern mit ihrer Bedürftigkeit“, erzählt Stefan, der trotz schwieriger Rahmenbedingungen meist in einem guten Kontakt mit seinen Patienten und Patientinnen steht. Einer seiner damaligen Patienten bezeichnet ihn als „Krankenwärter“.

Nach Abschluss seines Studiums wechselt Stefan in die Eingliederungshilfe zu Mobiflex, einer Einrichtung für mehrfach Abhängige. Er erlebt dort „Echte Begegnung mit Menschen, die unterstützt werden wollen – ein Ort mit einem besonderen Geist“. Ab dem Jahr 2000 schaffen Stefan und seine Kolleg*innen mit dem Ambulant Betreuten Wohnen für Suchtkranke einen Ort für Menschen, denen nicht mehr viel Veränderung möglich ist.

Foto: Stefan Waldburg

„Statt einer Flasche Wodka nur noch eine Kiste Bier“

Es geht darum, Verschlimmerungen zu verhindern. „Ich habe hier die Kleinschrittigkeit sehen und wertschätzen gelernt“, erzählt Stefan.

Doch es gibt auch die andere Seite: Wenn jemand stirbt, rufen die Kolleg*innen gerne den ehemaligen „Krankenwärter“ Stefan, weil er sich in ihren Augen als früherer Krankenpfleger einerseits am besten auskennt, andererseits ihm Tod und Sterben keine Angst einjagen.

„Der Tod ist für mich nicht unfair. Er betrifft uns alle“

„Viele Sterbende erleben den Tod als friedlichen Gesellen“, fügt der sympathische Dortmunder hinzu. Und so kommt Stefan im Laufe seiner siebzehnjährigen Tätigkeit bei Mobiflex immer mehr mit der Hospizarbeit in Kontakt.

Foto: Stefan Waldburg
Foto: Stefan Waldburg

Er kümmert sich sehr um das Leben in der letzten Lebensphase. Es geht ihm darum, sie den Menschen so angenehm wie möglich zu gestalten. „Die Begegnung mit dem Tod hat eine Seite, die uns im Leben bereichert“. Diesen Satz haut Stefan im Gespräch mal eben so raus und setzt fort: „Ich fühle mich privilegiert, denn er ist selten dramatisch, meist friedlich und es ist sehr verbindend, mit Menschen, die den Tod vor Augen haben, intensiv in Kontakt zu kommen“.

Der nächste berufliche Schritt – eine logische Folge

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge wechselt Stefan in die Hospizarbeit: Seit fünf Jahren arbeitet er inzwischen beim Ambulanten Hospiz- und Palliativdienst der Diakonie des Diakonischen Werks Dortmund und Lünen:

„Der Tod ist hier keine Katastrophe, sondern das zu Erwartende. Er ist erleichternd und befreiend“.

Gemeinsam mit den beiden Kolleginnen Martina Kubbe-Al Naji und Annette Siebert-Münch begleitet er hauptamtlich die aktuell etwa fünfzig aktiven Ehrenamtlichen, die in der ambulanten Hospizarbeit tätig sind, bildet als Kursleiter mit seinen beiden Kolleginnen die zukünftigen Ehrenamtlichen aus und vermittelt sie an die Menschen, die in ihrer letzten Lebensphase eine Begleitung wünschen – aktuell etwa siebzig pro Jahr.

Stefan Waldburg, Annette Siebert-Münch, Martina Kubbe-Al Naji, Foto: Stefan Waldburg

Auf meine Frage nach seinen Wünschen für die Zukunft, antwortet Stefan:

„Ich tue etwas sehr Sinnhaftes mit besonderen Begegnungen im Austausch mit Ehrenamtlichen und zu Betreuenden. Da muss nichts besser werden. Insgesamt wünsche ich mir, in allen Bereichen meines Lebens mit weniger zurecht zu kommen. Ich habe so viel auch unnötiges Wissen angesammelt, von dem ich verabschieden möchte“. Mit der Formulierung

„Viel mehr Sein und weniger Haben“

bringt er es auf den Punkt.

2022.05.13 02

Foto: Stefan Waldburg

Als Ausgleich zu seiner intensiven Tätigkeit mit Menschen fotografiert Stefan. Er fühlt sich mit den verletzlichen Seiten seines früheren Wohnortes verbunden. „Ich brauche etwas, um in Balance zu bleiben“: Die Klarheit im Privaten mit seiner Frau und seinen drei Kindern, das regelmäßige Laufen und der kreative Ausdruck mit Hilfe der Kamera machen ihn aus. „Beim Fotografieren, beim Portrait der städtischen Umgebung kann ich mich ausdrücken und sehe mich als Chronist der Stadt. Da ich mit Menschen arbeite, tauchen Menschen auf meinen Fotos nicht auf“. Das hat Stefan nicht beabsichtigt, es hat sich für ihn so ergeben.

„Die Melancholie, die sich in den Fotos und der Begleitmusik findet, ist der Kanal, diese Dinge alle wieder raus zu lassen. Die Fotos ergeben zusammen mit der Musik den Soundtrack meines Lebens, deshalb sehe ich mich selbst nicht als Fotograf, sondern als Chronist“, ergänzt Stefan.

Foto: Stefan Waldburg

„Ich habe noch nie so eine Leichtigkeit wie in der Hospizarbeit erlebt“

Mit diesem Gedanken möchte Stefan Waldburg provozieren und einladen, denn „Der Tod ist nur schwierig, wenn man sich nicht mit ihm beschäftigt“

Diese Einladung gebe ich gerne an alle Leser*innen der Ruhrköpfe weiter, denn als eine der zehn Teilnehmerinnen des im Juni 2022 abgeschlossenen Kurses für die ehrenamtliche Sterbebegleitung, bin ich auf Stefan und seine Kolleginnen aufmerksam geworden und möchte euch zur vom 12. bis 18. September 2022 stattfindenden Hospizwoche „Endlich leben“ nach Dortmund einladen. Es sind viele verschiedene Aktionen an verschiedenen Orten geplant: Seniorenheime öffnen ihre Türen für euch, Besuche beim Bestattungsinstitut und im Krematorium sind möglich, Einladungen zu Gesprächen und Vorträgen, wie z. B. über das aktuell häufig diskutierte Thema „Assistierter Suizid“ u.v.m. Es ist außerdem eine gute Möglichkeit, mit vielen fachkundigen Menschen offene Fragen über Tod und Sterben zu besprechen, die ihr euch bisher vielleicht nicht zu stellen getraut habt oder euch die geeigneten Gesprächspartner*innen dafür noch fehlen oder wie Stefan mit einem Augenzwinkern sagen würde: „Wir müssen reden“.

Anfang September 2022 startet der nächste Hospizkurs für die ehrenamtliche Sterbebegleitung, bei dem es aktuell noch einige Plätze freie Plätze gibt. Details zu den nächsten Kurs-Daten und weitere Infos über den Ambulanten Hospiz- und Palliativdienst findet ihr unter

https://www.diakoniedortmund.de/unser-angebot/altenhilfe-und-pflege/ambulanter-hospizdienst, gezeiten, das Zentrum für Hospiz-, Palliativ- und Trauerbegleitung https://www.gezeitendortmund.de/index.php?id=824 und https://www.leben-und-tod.de/

und jede Menge Fotos von Stefan auf seinen beiden Websites:

westfalia – Fotos & Bilder – Fotograf aus Dortmund, Deutschland | fotocommunity und

 S W | Flickr

Text: Annette Mertens

Fotos: Stefan Waldburg

Foto: Stefan Waldburg

„Wir müssen reden – Der Tod ist nur schwierig, wenn man sich nicht mit ihm beschäftigt“

81 Gedanken zu “„Wir müssen reden – Der Tod ist nur schwierig, wenn man sich nicht mit ihm beschäftigt“

  1. Sehr schöner und wichtiger Artikel🙏 Gerne geteilt bei Social Media:
    „Im WordPress Blog Ruhrköpfe von Annette Mertens berichtet Stefan Waldburg vom Ambulanten Hospizdienst, wie + warum ihn seine Laufbahn in diese Richtung geführt hat + wieso es wichtig ist, dass Menschen von der Diakonie qualifiziert werden“
    „Wir müssen reden – Der Tod ist nur schwierig, wenn man sich nicht mit ihm beschäftigt“

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  2. Welch ein schöner Beitrag. Ob ich in jener Woche mal nach Dortmund komme, weiß ich noch nicht.
    Und ’ne Mail gibt es auch bald wieder, wir sind hier gerade mit Corona und Nachwehen zu Gange.
    Liebe Grüße!

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  3. Ich bewundere alle Menschen, die solche Arbeiten übernehmen und dann noch mit soviel Herzblut dabei sind .. leider wird das trotz aller Klatscherei zu Corona immer noch nicht entsprechend mit Geld und guter Personaldichte honoriert. Das Thema Sterbebegleitung kenne ich „nur“ aus persönlicher Erfahrung und kann auch nach Jahren in dieses stark emotionale Erlebnis einfühlen.

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  4. Bewundernswert, der Werdegang von Stefan und wie er seine „Bestimmung“ gefunden hat. Der Tod als friedlicher Geselle, das finde ich eine beruhigende Vorstellung und bei allem Schmerz, glaube ich es so am Sterbebett meiner Mutter empfunden zu haben. Das Zusammensein mit meiner Mutter kurz vor ihrem Tod und der Beistand einer Seelsorgerin für uns Familienangehörige und meine Mutter war ein großer Trost. Alles Gute weiterhin für Stefan und vielen Dank für diesen berührenden Beitrag.
    Herzliche Grüße, Bettina

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  5. Liebe Annette, vielen Dank für den spannenden Beitrag. Wir sind auch grad einem Verein beigetreten für ein Hospiz in unserer Gegend. Im ländlichen Raum ist die Hospizbewegung noch nicht so vertreten. Liebe Grüße, Susanne

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  6. So…ich habe jetzt einen Sreenshot auf Instagram geteilt. Ganz besonders dieser Beitrag ist so berührend und wichtig. Die anderen natürlich auch. Aber dieser. Gestaltung und Inhalt…unglaublich. Nebenbei. Trotz Nordlicht….wir lieben das Ruhrgebiet.NRW. Köln…Wuppertal. Aber das ist eine andere Geschichte. Bis bald.

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      • Insgesamt alles. Die Antwort fällt aus familiären jetzt mehr als knapp aus. Ich habe lange in diesem und ähnlichen Bereichen gearbeitet. Stamme aber aus dem Buchhandel. Das Buch/das Wort brachte mich letzten Endes dorthin. Ich würde Dir gerne morgen in Ruhe antworten. Wenn es Dir recht ist.

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          • Hallo Stefan. Mal sehen wieviel Platz mir WordPress zugesteht. Ich könnte um die 30 Seiten schreiben. Einen Lebenslauf senden. Eine Sprachnachricht wäre gut. Seit gestern spukt mir dieser Beitrag durch den Sinn. Der berühmte Stein im Wasser. Ich sollte jetzt den Haushalt fertig kriegen. Geht nicht. Versuche mich knapp zu halten. Seufz. Ich bin 1958 geboren. Konnte mit 6 Jahren schon gut lesen. Dank meines Lieblings Opas. Der brachte mich früh zum Denken. Während meiner Schulzeit absolvierte ich diverse Praktika. Beide beim Sozialamt. Einmal dort wo es um das Begrüßungsgeld für DDR Bürger ging. Dann im Sektor Altersheime. Die ähnelten durchaus einem Gefängnis. Entsprechende Erfahrungen habe ich. Ehrenamtlich. 1973 wurde ich konfirmiert. Wir hatten 3 unglaublich tolle Pastoren. Diese organisierten ein Sommerfest mit dem Anna Stift in Hannover. Es waren Menschen zwischen 18 und 4 Jahren. Mit schweren Beeinträchtigungen. Contergan war damals noch ein großes Thema. Die erste Begegnung verlief schockartig. Für etwa 5 Minuten. Junge Menschen ohne Arme und Beine. Der Damm war schnell gebrochen. Wir hörten alle die gleiche Musik. Eine Cover Band spielte die Hits von Deep Purple und Led Zeppelin. Die jungen Menschen trugen lange Haare und schleuderten die im Takt der Musik. Wir lernten die Betreuungskräfte kennen. Und wurden zu einem Gegenbesuch eingeladen. Mit 8 Jugendlichen nahmen wir das ganze an. Die Bewohner regelmäßig besuchen. Ins Kino. Spazieren gehen und vor allen Dingen Musik hören. Ich lernte Michael kennen. 4 Jahre. Prof. für Mathematik. Lag in einem Puppenwagen der Käthe Kruse gehört haben könnte. Michael hatte keine Arme und keine Beine. Wurde jeden Tag mit diesem Ding in die Uni gebracht. Dort war alles ruhig. Nur draußen nicht. Das Wort „Ballastmenschen“ trifft es genau. Früher hätte man….eines nachmittags verstarb Michael friedlich in unserem Beisein. Ich erinnere mich noch an die Musik. Cat Stevens. Für mich stand die Zeit der Ausbildung an. Weiter zur Schule. Abi? Oder eine Lehre. Ich wollte letzteres. Anna Stift durfte ich nicht. Da gehst Du nicht hin. Degenhardt „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.“ Ich war 15 Jahre. Musste mich also beugen. Also ab in den Buchhandel. Gute Entscheidung. Damals gab es noch fast keine Lesungen. Aber Signierstunden. Heinz Rühmann, Lilli Palmer und Curd Jürgens zum Beispiel. Eintritt war nicht fällig. Meine Buchhandlung bat immer immer um Spenden. Für Rollstühle. Und für einen Bereich der in Richtung der Hospiz Bewegung geht. Meine Frau stammt ebenfalls aus dem Buchhandel in Hannover. Auch ihre Chef war entsprechend aufgestellt. Wir zogen 1998 nach Norden. Waren bis 2002 mit einer Buch und Weinhandlung selbstständig. Diese haben wir 2002 aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Die großen Ketten kamen. 2000 wurde unser erster Sohn geboren. Ich blieb zu Hause. Meine Frau wurde Dozentin für Alphabetisierung. Fachkraft für Inklusion. Schwerpunkt. Alte Menschen die ihren Enkeln einfach noch mal vorlesen wollten. Und Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen. Ich folgte ihr dann entsprechend. Fortbildungen und dergleichen mehr. Habe ich oben übersehen. Wir hatten während unserer Buchhandelszeit hier oben sehr viele Lesungen und Weinproben. In diesem Zusammenhang die Hospiz Bewegung/Einrichtung vor Ort unterstützt. Diesem Bereich sind wir ehrenamtlich treu geblieben. Unserer Jungs „mahnen“ sozusagen. Der Tod…was auch immer danach folgt. Werden wir die Chance zur Beobachtung unserer Schätze haben? Was an Deinem Beitrag so berührend ist? Es ist ganz klar die Gestaltung. Deine Fotos. Lost Places. Würde ja thematisch passen. (?) Mit dieser Aufbereitung lese ich alles. Okay. Sport und Auto nicht. Dann die Erwähnung deines Kindes. Ich sollte zum Ende kommen. Mir fielen zwei Musikstücke ein. Hermann van Veen “ Ich habe ein zärtliches Gefühl“ und Klaus Hoffmann “ Ich liebe die alten Weiberlein“. Bei den Filmen „Harold and Maude“
            Eines noch. Diese Seite „Ruhrköpfe“ ist einfach klasse. Ich will Dir nicht noch mehr an Text zumuten. Und der Haushalt ruft ja auch. Das noch. Ich habe großen Respekt vor Deiner Arbeit. Das ist doch der umgesetzte Artikel 1 des GG. Aus meiner Sicht. Bis bald. Einen schönen Tag.

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            • Hallo Jürgen,
              wow, vielen Dank für deine Geschichte. Auch die bewegt. Und vielen Dank für deine Anerkennung.
              Tatsächlich war Hermann van Veen mit seinem „Zärtlichen Gefühl“ die erste Schallplatte, die ich in meinem Leben gekauft habe.
              In einem Punkt möchte ich Annette aber noch ergänzen. Ich habe nicht nur einen Sohn, sondern dazu noch zwei Töchter :-). Nur damit sich hier niemand zurückgesetzt vorkommt :-).

              Lieb Grüße in den Norden

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  7. Liebe Annette, einige Zeit habe ich ehrenamtlich Sterbehilfe geleistet. Doch nach einer gewissen Zeit konnte ich das nicht mehr. Jedes Mal wenn einer der von mir betreuten Menschen gegangen ist, dann ist auch ein Stück von mir mitgegangen. Heute ist mir klar, ich hatte keinerlei Unterweisung wie man damit umgeht. Ich tat es nur um die Menschen die keine Verwandten hatten nicht alleine aus dem Leben gehen zu lassen. In dem Heim hatte man nicht das nötige Personal, sie waren schlicht mit anderen Aufgaben beschäftigt. Die Dankbarkeit dieser sterbenden Menschen hat sich für immer in meinem Kopf eingebrannt.
    Dein Bericht sollte recht viele Menschen dazu bewegen sich etwas um hilflose, alte Menschen zu kümmern. Ein wenig Nächstenliebe hat noch niemandem geschadet. Sorry Annette, mir war gerade so danach.
    Liebe Grüße Lilo

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    • Liebe Lilo, danke für deine offenen Worte über deine Erfahrungen mit der Sterbebegleitung. Hier in Dortmund gibt es neben den Vorbereitungskursen Begleitgruppen für die ehrenamtlichen Begleiter*innen. Ich empfinde das als sehr hilfreich, mit anderen offen über die eigenen Erlebnisse/Erfahrungen sprechen zu können und damit nicht allein zu sein. Hut ab, dass du diesen Beistand allein geleistet hast und rechtzeitig ausgestiegen bist. Da ist keine Entschuldigung erforderlich. Ich freue mich sehr über deine Rückmeldung, herzliche Grüße, Annette

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  8. Liebe Annette, ich kenne um zwei Ecken herum zwei Menschen, die ihre letzten Tage bzw. Wochen im Hospiz waren und dort sehr gut betreut wurden – sowohl von ehrenamtlichen Begleitern als auch von den dort Beschäftigten. Es ist so wichtig, den Kranken die Angst vor dem Tod zu nehmen und sie zu begleiten, da manche keine Angehörigen haben, die das machen bzw. nicht dazu bereit sind, weil sie sich fürchten oder graulen.
    Danke an dich und an Stefan.
    Lieben Gruß von mir

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  9. Stefan imponiert mir. Wenn er neue Erfahrungen macht, hat er den Mut eine andere Richtung einzuschlagen, dass wagt nicht jeder.
    Ich musste mich schon öfter mit dem Thema Tod auseinandersetzen, zum ersten Mal mit 13 Jahren, als mein einer Grossvater starb, mit 15 meine Grossmutter, und als ich 16 war, starb dann der andere Grossvater. Als ich um die 20 war, starben zwei meiner ehemaligen Klassenkameradinnen und Freundinnen, die eine wurde von ihrem Mann ermordet, die andere beging Selbstmord, was ich ziemlich schwer zu schlucken fand. Dann später meine Eltern und letztes Jahr gleich drei liebe Menschen, eine davon jünger als ich, das kommt dann ziemlich „nahe ran“.
    Mein Mann sprechen ab und zu mal über den Tod, auch weil ja dann einer von uns alleine mit allem da steht und möglichst alles Administrative vorher gut geordnet werden muss. Wir sind ziemlich sicher, dass der Tod kein Ende, sondern nur eine Veränderung ist. Angst haben könnte man vor der Ungewissheit, weil man ja nicht weiss, wie das dann genau wird und wo man denn nun genau hinkommt ;-) . Mein Problem ist eigentlich, dass ich Angst vor den Schmerzen habe, die eine u. U. tödliche Krankheit mit sich führen kann, wie z. B. Krebs, was ich mitansehen musste.
    Es ist wichtig, den Tod nicht zu tabuisieren, so als ob er ganz weit weg ist. Er kann uns in jedem Moment treffen. Genauso wichtig ist es aber auch, sich nicht von Angst lähmen zu lassen. Ich mag den Ausspruch: Lebe jeden Tag als ob er dein letzter wäre. Für mich beinhaltet das, sich so zu verhalten, dass man sich nicht schämen muss, wenn man zur Rechenschaft gezogen wird, und das werden wir alle.

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    • Hallo liebe Stella,
      danke für deine offenen Worte. Besonders diese Formulierung spricht mich an: „Wir sind ziemlich sicher, dass der Tod kein Ende, sondern nur eine Veränderung ist. Angst haben könnte man vor der Ungewissheit, weil man ja nicht weiß, wie das dann genau wird und wo man denn nun genau hinkommt ;-)“
      Wie erlebst du das Thema Sterbebegleitung in Dänemark?
      Herzliche Grüße, Annette

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  10. Sehr schönes Interview mit gut passenden Fotogprafien unterlegt. Ja, es ist traurig, dass der Tod in unserer Gesellschaft so tabuisiert wird und dieser letzte Teil eines Menschenlebens mehr oder weniger verdrängt wird. Klasse, dass du diese Ausbildung gemacht hast – alles Gute für diesen Weg🥀❤️

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  11. Sicher muß man darüber reden. Darüber auch. Es ist toll, was dort geleistet wird. Freilich wird der so Bedachte seine Dankbarkeit nicht (mehr lange) zeigen können… Ja, der Tod betrifft alle.
    Aber man muß ihn nicht mit Gewalt suchen!
    Nein, das bezieht sich nicht auf die Hospizarbeit.
    Sondern auf den Beginn: er leistet einen sogenannten Wehrersatzdienst. Als Krankenpfleger. Als Sani bei den Bewaffneten hätte er mit Verpflichtung mehr bekommen können…
    Aber es ist ja kein richtiger Dienst, es ist Ersatz! Der richtige, das ist der andere, die Bereitschaft, nicht das Leben zu pflegen, wo nötig, in den Tod zu geleiten: sondern ihn aktiv herbeizuführen.
    Gerade in diesen Zeiten muß man derlei immer mal wieder erinnern. Darüber reden. Wenn sich die Politik in militaristischen Gebärden überschlagen oder gleich, wie schon das letzte Mal, als die Grünen mit der SPD regieren durften, aktiv teilnehmen.

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  12. Liebe Anette,
    Dein Portrait hat mich sehr berührt. Nicht nur, weil der Lebensweg von Hauptschule über Krankenpflege zum Studium ähnlich war. Auch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Tod durch die Fotografie einer leeren Stadt. Kein Leben, zurückgenommene Farben; da weiß jemand, wie der Tod aussieht.

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    • Hallo lieber Rolf,
      danke dir und freut mich sehr, denn du weißt – hoffentlich – wie sehr ich sowohl deine Arbeit als auch deine Blog-Beiträge schätze. Du wärest ein sehr interessanter „Ruhrköpfe-Berliner“. Vielleicht sollten wir diese Idee mal verfolgen!? 🤔😉 Herzliche Grüße, Annette

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      • Liebe Anette, schöne Idee, vielen Dank. Wir hatten gestern beim Blog „weddingweiser.de“ für das ich ja ab und zu Beiträge schreibe, eine ähnliche Idee. Wir wollen einen Blick von außen herstellen: Was sagt jemand aus z. B aus München, der unseren Stadtteil besucht? Was fällt der Person auf? Du hattest ja schon mal einen erstaunten Kommentar zu den Parkhäusern hinterlassen. So in der Art. In Dortmund war ich leider bisher nur einmal. Aber früher mit meinem Vater oft im Ruhrgebiet. Vielleicht wird das ja noch was. Würde mich freuen.
        Grüße von Rolf

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  13. man sollte ihn „super-stefan“ nennen. wie viele super stefans gibt es?
    ich arbeitete 30 jahre in der altenpflege. krankheit/morbidität, tod und sterben gehörten zum alltag.
    unsere gesellschaft ist krank. zum einen tabuisiert sie das thema, und zum anderen redet sie von „super-stefan“. das ist schizo.

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    • Hallo bonanzamargot,
      das ist doch ein Teil der Geschichte. Du sagst, Krankheit/Morbidität gehört zum Alltag. Da würden dir viele sicher zustimmen. Und wir sind eingeladen zu schauen, in wie weit das so stimmt. Der Umgang mit diesem Teil des Lebens ist Alltag für Menschen wie dich und mich. Menschen die beruflich mit dem Thema zu tun haben. Mehr als 80 Prozent der Menschen in unserem Land sterben in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Da ist Krankheit und Siechtum Alltag. Aber auch nur dort. Der Rest unserer Gesellschaft bekommt sonst im ganzen Leben nur sehr wenig von diesem Alltag mit. Wir, die wir viel Berührung damit habe, sind eingeladen das nicht zu vergessen. Es ist auch an uns zur Teilhabe einzuladen und uns nicht als „super“ oder sonst wie zu empfinden oder hinzustellen, weil wir uns da zuwenden.
      Wir dürfen im Blick behalten, dass viele dem Tod in ihrem Leben nur ein einziges Mal begegnen. Gehen wir „Profis“ all zu selbstverständlich damit um, laufen auch wir Gefahr einen Austausch darüber abzuwürgen…
      Es gäbe noch viel dazu zu sagen.

      Liebe Grüße

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      • eben, wir sind gar nicht super, ebenso wie auch soldaten gar nicht super sind, wenn sie im schützengraben liegen.
        wir alle sind nur menschen. ich mag diese erhöhungen nicht. ich mag nicht beklatscht werden. ich will auch nicht bemitleidet werden, dass ich diesen beruf ergriff. ich wünsche mir weniger heuchelei, weniger leere versprechungen in der politik… 30 jahre bekam ich das mit und brannte aus.
        apropos: was sterben und tod angeht, gibt es keine profis, kann es niemals profis geben. nur etwas mehr menschlichkeit/empathie wäre wünschenswert.

        danke für deine antwort.

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            • Gerade weil die Berichterstattung andere Prioritäten setzt, sind mir die Ruhrköpfe-Portraits eine Herzens-Angelegenheit. Mir geht es nicht um „Erhöhung“ einiger weniger Persönlichkeiten, sondern um Einblicke in Berufe und Menschenleben, die uns alle im Idealfall anregen, über die eigene kleine Welt ein wenig hinaus zu denken, um Bereiche zu beleuchten, die – leider – oft ein Nischen-Dasein führen, wie hier das immer noch große Gesellschafts-Tabu Tod und Sterben, das langsam mehr und mehr den Raum bekommt, den es verdient, denn erst unsere Endlichkeit verleiht dem Leben Sinn…ein großes Thema, das ich hier nur kurz anreißen kann. Ich danke euch beiden und allen hier für eure leisen, lauten oder auch stillen Gedanken darüber, denn gerade dieser Austausch von unterschiedlichen Haltungen macht einen offeneren Umgang mit dem Tod möglich. Herzliche Grüße, Annette

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  14. Eine tolle Einsicht in ein bewegtes und bewegendes Berufsleben – ein frühes Wissen um Bestimmung, ein Werden, eine Entwicklung;
    ein Suchen, ein Finden. Berufung, wie ich es empfinde.
    Ich danke herzlichst für das Portrait von Stefan, es ist geradezu elektrisierend. Das Fotografieren, das Chronistsein als Ausgleich kann ich übrigens auch sehr gut nachempfinden.

    Der Tod, er beschäftigt mich seit vielen Jahren, mitunter auf faszinierende Weise, wenn ich mich mit Nahtoderlebnissen auseinandersetze; aber er wirkt auch mit Schrecken auf mich ein, weil er sooft mit Verlust und Vermissen verbunden ist.
    Menschen, die in die Hospizarbeit eingebunden sind, schätze ich sehr – manchmal überlege ich selbst, eine Ausbildung aufzunehmen. Ich möchte mich meiner Angst stellen, der drückenden Angst vor Verlusten.

    Meine Ambivalenz: Einerseits die Reise in eine Anderswelt faszinierend zu finden (ich glaube auch an ein geistiges Leben nach diesem irdischen Leben), andererseits diese Angst vor dem Loslassen von geliebten Menschen. Es ist nicht so sehr das eigene dahinlaufende Leben, das mich beschäftigt – es ist das Loslassenkönnen von Menschen, die abberufen sind, mit dem ich nicht klarkomme.

    Dennoch bin ich beispielsweise auch für das Recht auf einen selbstbestimmten freien Tod. Ebenfalls ein Thema, das mich seit vielen Jahren beschäftigt, in letzter Zeit ist Bewegung reingekommen, in Deutschland wie in Österreich.
    In vielen Diskussionen darüber höre ich von den modernen Möglichkeiten auf Schmerzfreiheit bei unheilbaren Krankheiten, die in der Palliativmedizin möglich sein sollen. Andererseits weiß ich auch um Menschen, die so viele unstillbare Schmerzen haben, dass sie nicht mehr leben möchten. Ich stehe unter dem Eindruck von mehreren Suiziden in meinem Umfeld – Menschen, die mit physischen und psychischen Schmerzen einfach nicht mehr zurechtkamen. Was, wenn ihr Suizid nicht geklappt hätte – wenn sie schwer behindert weiter vegetieren müssten?

    Vielen Dank für den Raum für ein überragend wichtiges persönliches wie gesellschaftliches Thema, den Du hier möglich gemacht hast, Annette!
    Liebe Grüße, C Stern!

    Gefällt 5 Personen

    • Danke, liebe/r C Stern, dein Kommentar macht deutlich, was so viele Menschen und auch mich bei diesem Thema beschäftigt. Die Möglichkeit, offen darüber zu sprechen, nimmt mir den Schrecken, obwohl oder vermutlich gerade weil ich selbst einige mir sehr wichtige Menschen gehen lassen musste. Diese Verluste haben mich geprägt und verändert und machen zum Beispiel diesen Beitrag erst möglich. Ich danke dir für deine offene Rückmeldung und deine ambivalente Beschreibung deiner Gefühle/Gedanken dazu. Liebe Grüße, Annette

      Gefällt 5 Personen

    • Hallo C. Stern,
      mit deinen Gedanken zum assistierten Suizid sprichst du ein wichtiges Thema an. Vor allem weil du so offen auf deine eigenen Erfahrungen hinweist. Das ist für mich ein sehr wichtiger Aspekt: Die „Selbstbestimmung“ und Autonomie, die heute – auch im Zusammenhang mit der Beendigung des eigenen Lebens – eine so große Rolle spielt. Sie ist doch sehr relational, wenn wir betrachten wie viele Menschen von unseren Entscheidungen mit betroffen sind. Auch wenn Menschen ihr Leben selbst beenden.
      Zur Wirklichkeit gehört aber auch, dass es Leid und Schmerzen gibt, die wir auch mit allen Fortschritten der Medizin nicht stillen können. Es ist gut, dass du darauf hinweist.

      Gefällt 8 Personen

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